Google is watching you! "Don't be evil" ? – Pah..

„Deutsche suchen häufiger als Amerikaner“; Fragen & Antworten auf einer Dienstfahrt mit Marissa Mayer

Posted in Allgemeines zu Google, Finanzielles, Interviews, Personelles by giwy on 2009-03-10

Thomas Heuzeroth von „Die Welt“ hatte vor kurzem Gelegenheit, Marissa Mayer, ihres Zeichens Vize-Präsidentin bei Google, während einer Dienstfahrt vom Münchener Flughafen in die City über Google ein wenig auszufragen.

Das „Interview“ möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten, ihr findet es im Anhang. Viel Spaß.

Am Anfang nutzte Marissa Mayer in ihrem Büro bei Google noch die Suchmaschine des Konkurrenten Infoseek – und versteckte sich dabei vor ihren Kollegen. Das passiert heute nicht mehr. Die Leiterin der Internetsuche ist mittlerweile neben den beiden Gründern das bekannteste Gesicht des Internetriesen aus dem kalifornischen Mountain View. Kaum jemand weiß so viel über die Nutzer aus aller Welt. Sie suchen nach Prominenten, nach Sportereignissen, nach sozialen Netzwerken und dem Auktionsportal Ebay. Überraschend: Die Deutschen sind Suchweltmeister – gemeinsam mit den Finnen.

Welt am Sonntag:

Was sagt Ihnen die Zahl 660 000?

Marissa Mayer:

In der Welt von Google kann das viel oder wenig sein. Aber konkret verbinde ich nichts damit.

Das ist die Zahl der Treffer, die Google ausspuckt, wenn man nach Ihrem Namen sucht.

Mayer:

Das wusste ich nicht.

Sie beobachten Ihre Popularität nicht?

Mayer:

Nein. Ehrlich gesagt, kümmert es mich gar nicht, wie häufig ich bei Google auftauche.

Kennen Sie das Spiel, mit zwei Suchbegriffen bei Google genau ein Ergebnis zu bekommen.

Mayer:

Natürlich. Wir nennen das Googlewhack.

Fallen Ihnen zwei Begriffe dazu ein?

Mayer:

Nein. Es ist sehr schwer, ein solches Paar zu finden und es vor allem auch zu bewahren. Denn sobald Sie es veröffentlichen, wäre die Ergebnisliste schon länger, weil Sie selbst einen neuen Treffer darstellen würden. „Candlelight“ und „truck“, Kerzenschein und Lastkraftwagen, waren vor einiger Zeit ein solches Paar.

Was suchen die Leute am häufigsten bei Google?

Mayer:

Über das Jahr gesehen, ändert sich das eigentlich kaum. Facebook, Yahoo, Youtube und Ebay gehören dazu. Vielleicht auch, weil viele Nutzer sich durch die vielen Eingabefelder verwirren lassen. Sie verwechseln dann unser Suchfeld mit der Adresszeile des Browsers. Deswegen haben wir in unserem eigenen Browser Google Chrome diese Felder zusammengelegt. Ganz oben stehen natürlich auch Prominente und Ereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft, allerdings auch nur in dem Jahr, in dem sie stattfindet.

Wer gehört denn zu den Google-Prominenten?

Mayer:

Britney Spears wird seit Jahren intensiv gesucht. Paris Hilton auch, allerdings nicht mehr in den Top-Ten Deutschlands. Fragen Sie mich nicht, warum.

Warum ist die Suche die erfolgreichste Anwendung des Internets ?

Mayer:

Das liegt allein an der Größe des Webs. Am Anfang gab es nur einige Millionen Seiten, die noch einfach kategorisiert werden konnten. Mit einem solchen Katalog ist Yahoo bekannt geworden. Heute ist das nicht mehr möglich. Wir beobachten eine ähnliche Entwicklung bei YouTube mit Videos.

Wie groß ist das Internet mittlerweile geworden?

Mayer:

Wir haben die Hürde von einer Billion Internetseiten überschritten. Einige davon spiegeln nur bereits bestehende Seiten wider. Wir gehen aber von mehreren Hundert Milliarden unterschiedlichen Webseiten aus.

Google verdient sein Geld fast ausschließlich mit Werbung. In konjunkturellen Krisenzeiten leiden solche Geschäftsmodelle allerdings besonders stark.

Mayer:

Von einer globalen Rezession sind natürlich alle betroffen. Aber obwohl wir den Großteil unseres Umsatzes mit Anzeigen machen, sind wir doch sehr breit aufgestellt. Bei uns werden sogar Werbewörter für den Suchbegriff „Extreme ironing“, Extrembügeln, gebucht.

Gibt es viele kulturelle Unterschiede beim Umgang mit der Suche im Internet?

Mayer:

Oh ja. Schon bei der Kombination von Wörtern ist das so. Nordamerikaner geben zwei bis drei Begriffe in die Suche ein, Deutsche schreiben lieber alles zusammen und bilden Bandwurmwörter. Darauf müssen wir die Suche immer neu anpassen. In China können wir beispielsweise die Suchwörter in der Trefferliste nicht gefettet darstellen, weil die Schriftzeichen dann kaum noch lesbar wären. Dort heben wir die Begriffe stattdessen in roter Farbe hervor.

Das ist politisch auch korrekter.

Mayer:

In China und Südkorea wollen die Nutzer auch, dass sich ein neues Fenster öffnet, wenn sie auf einen Trefferlink klicken. Und über die fünf Sprachen bei uns, die von rechts nach links geschrieben werden, will ich gar nicht sprechen. Das hat uns viel Arbeit gekostet.

Welches Land ist eigentlich Suchweltmeister?

Mayer:

Was glauben Sie?

Die Vereinigten Staaten.

Mayer:

Das dachten wir auch. Es ist aber falsch, die stehen erst an dritter Stelle. Ich habe mir das mal angesehen und die Zahl der Suchanfragen in einer Sprache in Beziehung gesetzt zur Zahl der Internetnutzer in diesen Ländern. Das Ergebnis wird Sie freuen. Deutsch- und finnischsprachige Internetsurfer suchen fast doppelt so häufig wie Nordamerikaner.

Sind Sie nicht halb finnisch, halb deutsch?

Mayer:

Das stimmt. Und ich habe die US-Staatsbürgerschaft. Der Zufall ist wirklich ungewöhnlich.

Immer mehr Menschen verlassen sich auf Google. Wie verändert die Suchmaschine unser Erinnerungsvermögen?

Mayer:

Ein amerikanisches Magazin hat vor einiger Zeit sogar eine Titelgeschichte überschrieben mit der Frage, ob Google uns dumm macht.

Und?

Mayer:

Mit Sicherheit nicht. Es mag zwar unwichtiger werden, sich an Fakten zu erinnern, wenn man sie jederzeit an jedem Ort über das Internet finden kann. Aber es befreit zugleich die Menschen, um kreativer und kritischer denken zu können. Es gibt ihnen die Zeit und die Kapazität, tiefer zu überlegen und Informationen in Beziehung zu setzen. Die Möglichkeit, sehr leicht Informationen zu finden, hat zumindest bei mir selbst die Neugier gesteigert.

Zählen Sie die Suche zu den Grundbedürfnissen der Menschen?

Mayer:

Ich glaube, dass es ein fundamentales Bedürfnis gibt, Informationen und vor allem auch die Wahrheit zu finden. Das ist seit Tausenden von Jahren so, und es wird auch so bleiben.

Können Sie sich an Ihre erste Google-Suche erinnern?

Mayer:

Bis zu meinem Vorstellungsgespräch bei Google war ich eifrige Nutzerin der Suchmaschine von Infoseek. Anfangs habe ich Infoseek sogar noch heimlich bei Google genutzt, ohne dass die Kollegen es sehen konnten. Nach einigen Wochen überzeugte mich Google aber, nachdem ich einige Zeit beide Suchmaschinen parallel genutzt hatte.

Wie häufig nutzen Sie Google heute täglich?

Mayer:

Ich bin ziemlich süchtig danach. Ich schätze, dass es etwa zehn bis 30 Suchanfragen pro Tag sind.

Es heißt, Sie seien sogar auf der Suche nach einem neuen Job.

Mayer:

Ein neuer Job ist wohl das Letzte, was ich derzeit suche. Das waren Gerüchte eines einzelnen Internetdienstes, die haltlos sind. Google ist mein Leben, und ich werde sicherlich noch viele Jahre dort arbeiten.

Was lässt sich denn bei Google nicht finden?

Mayer:

Meine Schlüssel (lacht). Bei physischen Objekten haben wir noch Schwierigkeiten.

Das wird sich auch in Zukunft kaum ändern lassen.

Mayer:

Unsere nächste Herausforderung wird es sein, die Bedeutung von Suchanfragen besser zu erkennen. Viele Wörter haben mehrere sehr unterschiedliche Bedeutungen. In diesem Zusammenhang wird die Personalisierung der Suche und der soziale Kontext immer wichtiger. Angenommen, eine Suchmaschine erinnert Ihre zurückliegende Anfrage und setzt sie mit Ihrer jetzigen Situation in Beziehung, dann kann man sich vielleicht eine erneute Anfrage sparen und bekommt trotzdem ein noch relevanteres Ergebnis.

Das klingt nach Antworten ohne Fragen.

Mayer:

Stellen Sie sich vor, ich bin mit Erkältung in München, was dummerweise auch noch stimmt. Warum sagt mir das Programm nicht gleich, wo die nächste Apotheke ist? Warum sollte eine Trefferliste immer zehn Internet-Links haben? Es können künftig auch Videos oder Fotos sein. Ergebnisseiten können künftig viel stärker nach einer Antwort aussehen. Wir haben da noch genug zu tun.

Werde ich von Google jemals eine Antwort auf die entscheidende Frage bekommen, worin der Sinn des Lebens besteht?

Mayer:

Suchmaschinen können nie besser sein als der Inhalt, über den sie laufen. Sie können das mit einem Stichwortverzeichnis von Büchern vergleichen. Auch dort bekommen Sie auf Ihre Frage keine wirkliche Antwort. Aber Sie bekommen den Ort genannt, wo etwas Interessantes stehen könnte.

Fahrzeug: Mercedes E 300 Bluetec

Leistung: 211 PS

Baujahr: 2008

Quelle: .Welt

Fahrstrecke: Vom Flughafen

München in die Innenstadt

Fahrzeit: 40 Minuten

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